Kein Biathlon-Fan hätte vor zwei oder gar drei Jahren im Traum daran gedacht, einmal eine Herrenstaffel aus Belgien am Start eines Weltcup-Rennens zu sehen. Doch die Zeiten haben sich geändert – auch in Belgien und die über 9.000 Zuschauer in der Biathlon-Arena von Hochfilzen waren schlichtweg begeistert von der Leistung des Quartetts aus dem Königreich Belgien. Wenn es am Ende doch „nur“ zu einem 16. Rang bei der Staffel-Premiere reichte, schrieben Michael Rösch & Co. dennoch Sportgeschichte.
Trainer Joe Obererlacher war sich vor dem Rennen sicher: „Wenn heute alles paßt, können wir eine kleine Sensation schaffen und vielleicht sogar unter die Top-Ten kommen. Das wäre die direkte Olympiaqualifikation für die Jungs und ein großer Schub für den Biathlon-Sport in Belgien“.
Michael Rösch und Florent Claude beeindrucken
Rösch zeigte als Startläufer, daß er mit seinen 34 Jahren noch nicht zum „alten Biathlon-Eisen“ gehört, war bei schwierigen Bedingungen am Schießstand warf Rösch seine ganze Routine in die Waagschale und setzte sich nach dem zweiten Schießen zusammen mit keinem geringeren als Ole Einar Bjoerndalen an die Spitze des Feldes. Die beiden Oldies lieferten sich ein sensationelles Duell und im Schlußspurt zog Rösch am Norweger vorbei und übergab auf Rang eins an Florent Claude. Völlig entkräftet lag Rösch noch Minuten lang im Zielbereich um wenig später übers ganze Gesicht zu strahlen. „Ich habe nur noch schwarz gesehen und bin über die Zielline getaumelt. Das sind die Momente für das sich ALLES gelohnt hat! Alle Quälereien, alle Entbehrungen, all das Training Tag für Tag! Kämpfen bis zur Bewusstlosigkeit für das eigene Team! Danke an alle Fans im Stadion und an der Strecke die sich stundenlang den Arsch abfrieren und uns anfeuern! Danke an die Fans, die ihre Wohnung zusammen brüllen das der Mietvertrag gekündigt wird, an Fans die ihr Mittagessen auf dem Herd vergessen und alle die mitleiden und mitfiebern! Es war „nur“ ein Weltcup aber wir haben gezeigt das wir mehr als nur Frittenfresser sind.“, so Rösch später auf seiner eigenen Facebook-Seite.
Auch Florent Claude, der erst im Sommer dieses Jahres von Frankreich nach Belgien gewechselt war, ließ sich von den immer schwieriger werdenden Bedingungen am Schießstand nicht beeindrucken. Der 26jährige, der in der Saison 2011/12 im Weltcup debütierte, hielt die belgische Fahne fest im Hochfilzener Wind und übergab als Zweiter an seinen jungen Teamkollegen Tom Lahaye-Goffart.
Nachwuchskräfte mußten den Bedingungen Tribut zollen
Nun sollte die Stunde für den 21jährigen Tom Lahaye-Goffart und seinen 5 Jahre älteren Teamkollegen Thierry Langer schlagen und die sich anbannende Sensation zu einem guten Ende führen. Beiden fehlte am Ende die Erfahrung und auch ein bisschen Glück beim Stehendschießen, um bei schwierigen Windverhältnissen die mögliche Olympiaqualifikation gleich im ersten Staffelrennen der Saison unter Dach und Fach zu bringen. Nach jeweils drei Strafrunden im Stehendschießen von Lahaye-Goffart und Lange kam das belgische Quartett bei ihrer Staffelpremieren auf dem 16. Rang ins Ziel.
Trotzdem war Thierry Langer mit dem Ergebnis sehr zufrieden: „Das war heute eine unglaubliche Teamleistung. Nach einer so langen Anreise konnten uns Michael Rösch und Florent Claude eine richtig gute Ausgangslage schaffen. Das es im Weltcup aber schnell gehen kann musste ich nun am eigenen Leibe spüren und viel Lehrgeld bezahlen. Dennoch glaube ich können wir mit dem 16. Platz zufrieden sein und für die nächsten Rennen viel positives mitnehmen.“
Auch Cheftrainer Joe Obererlacher sprach im Anschluß des Rennens von einem ersten Ausrufezeichen seines Teams: „Als Trainer glaubst du immer an die Fähigkeiten deiner Athleten. Dass uns ein erstes Ausrufezeichen direkt beim ersten Wettkampf gelingt, ist natürlich unglaublich wichtig für den weiteren Verlauf unseres Projektes Peking 2022.“
Und wer weiß, vielleicht gelingt der belgischen Herrenstaffel ja doch nochn die Qualifikation für die Olympischen Staffelwettbewerbe am 23. Februar 2018 in Pyeong Chang und sorgen dort für eine weitere positive Überraschung.